Selten war das Wort „Geschichte“ in seinem buchstäblichen Sinn so stimmig wie bei dieser Lektüre. Was Anna Faroqhi in ihrer Graphic Novel gelingt, ist wahrlich vielschichtig und zugleich spielerisch bildend (also ohne belehrend zu sein!), inspirierend und kreativ. Die Autorin ist Filmemacherin und Zeichnerin und setzt sich immer wieder mit Migration und sozialer Teilhabe auseinander. Das bekommen wir bei der Lektüre der „Andersdenkerinnen“ zu spüren. Sie hat die komplexen Geschichten der Bibliothekarin Helene Nathan, der Schriftstellerin Anna Seghers und der Philosophin Hannah Arendt in eine Form gegossen, die uns zunächst neugierig macht und dann anspricht. Berührt. Anregt. Drei intellektuelle Frauen des 20. Jahrhunderts, die in Nazi-Deutschland durch ihre jüdische Identität und ihr Andersdenken in Gefahr geraten und doch immerzu nach Lösungen suchen. Sie sind nicht nur „Andersdenkerinnen“. Sie sind auch „Andershandlerinnen“.
Zur Vielschichtigkeit der Graphic Novel gehört, dass die Geschichten von Nathan, Seghers und Arendt eingebettet sind in die Geschichten der jungen Menschen Robin, Chioma und Irit im heutigen Berlin. Was bedeuten die Schicksale der „Andersdenkerinnen“ für ihre Lebenswirklichkeit? Und für unsere?
Was hätte ich damals dafür gegeben, im Geschichtsunterricht mit einem solchen Buch zu lernen!
Aber auch im erwachsenen Alter können die „Andersdenkerinnen“ zu einer echten Bereicherung werden. Eine aufschlussreiche, empfehlenswerte Lektüre auch für Menschen, die noch nie eine Graphic Novel gelesen haben.
Buchtitel: Andersdenkerinnen
Autorin: Anna Faroqhi
Verlag: Edition Q
Preis € 22,00
ISBN: 978-3-86124-756-2
Gelesen und empfohlen von: Anke Johannsen